Definitionen

Ally – Verbündete Person

Ein Ally bezeichnet eine Person, die sich aktiv und kontinuierlich gegen ein diskriminierendes System einsetzt, in dem sie selbst privilegiert und daher nicht negativ betroffen ist. Es geht dabei nicht nur um Solidarität gegenüber der diskriminierten Gruppe, sondern um ein echtes Verantwortungsgefühl zur Abschaffung des unterdrückenden Systems. „Ally-sein“ ist keine einmalige vergebene Plakette, sondern erfordert eine fortlaufende Auseinandersetzung, Selbstreflexion und täglichen Einsatz. Vorsicht: Performatives Allyship ist problematisch, da sich nur aktiv gegen Unterdrückung positioniert wird, wenn ein applaudierendes Publikum vorhanden ist und es vor allem um das eigene Geltungsbedürfnis geht

                                                                                                                                       (by Tupoka Ogette)

 

Was ist Diskriminierung?

Diskriminierungen sind ungerecht, verletzend und gewaltvoll. Abwertende Blicke oder Bemerkungen, ein fieser Facebook-Kommentar, Anspucken, Schläge … die Bandbreite von Diskriminierungen ist groß, das Muster immer gleich. Einzelne werden über eine Gruppe definiert (z.B. die Araber, Muslime, Flüchtlinge), als „Anders“ markiert und spürbar abgewertet. Die einzelne Person wird nicht beachtet oder ernst genommen, die Gruppen oder sozialen Kontexte, denen sie entstammt, herabgesetzt oder verächtlich gemacht.

 

Diskriminierung bedeutet Ungleichbehandlung

Das Wort Diskriminierung stammt von dem aus dem lateinischen Verb discriminare und bedeutet „trennen, absondern, abgrenzen, unterscheiden, eine Unterscheidung treffen“. Diskriminierungen sind also grob übersetzt Ungleichbehandlungen. Seit dem frühen 20. Jahrhundert bedeutet es mit negativer Bewertung „jemanden herabsetzen, benachteiligen, zurücksetzen“.

 

Kategorische Benachteiligungen

Diskriminierung ist im engeren Sinn die rein kategorische Benachteiligung von Personen aufgrund einer (meist negativen) Beurteilung oder Vor-(urteilung). Ausgangspunkt jeder Diskriminierung kann eine Bewertung von Menschen anhand von tatsächlichen oder zugeschriebenen gruppenspezifischen Merkmalen sein.

 

Diskriminierung kann sich offen ausdrücken in Beleidigungen und Übergriffen, aber auch beispielsweise bei der Vergabe von Stellen oder Wohnungen und dem Zugang zu Bildungseinrichtungen oder beim Entgelt. Diskriminierung geschieht entlang bestimmter Merkmale wie Herkunft, Sprache, sozialen Status, Geschlecht, Alter, Religion, Behinderung, sexuelle Orientierung usw. und wird durch entsprechende Ideologien gestützt (Rassismus, Sexismus, Antisemitismus usw.). Diskriminierung funktioniert nur in ungleichen Machtbeziehungen. Sie kann direkt sein, durch unmittelbare Äußerungen und Handlungen von Individuen oder indirekt und eingelassen in gesellschaftliche Strukturen (Institutionalisierte Diskriminierung).

 

Diskriminierung ist gesetzlich untersagt

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) will Benachteiligungen aus Gründen der/des ethnischen Herkunft, Alters, Geschlechts, sexuellen Identität, Behinderung, Religion oder der Weltanschauung verhindern und beseitigen. So ist z.B. auch “Racial Profiling”, also die Auswahl zur polizeilichen Untersuchung aufgrund von körperlichen Merkmalen (z.B. Hautfarbe) verboten, auch wenn es leider oft noch an Flughäfen, internationalen Grenzen und Bahnhöfen zu beobachten ist.

 

Mehrfachdiskriminierungen

Stigmatisierte und marginalisierte Jugendliche erleben in Deutschland vielfältige Diskriminierungen aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe, Alter, Sprache, Aufenthaltsstatus, sozialem Status usw. Diese Diskriminierungen wirken zusammen und weben ein dramatisches Netz das Verletzungen und Ausgrenzung bewirkt und das Leben und Aufwachsen extrem beeinträchtigt.

 

Der Begriff Intersektionalität weist darauf hin, dass Diskriminierungen mehrdimensional erfolgen und die Wechselbeziehung zwischen verschiedenen Benachteiligungsdynamiken (z.B. Hautfarbe und Geschlecht) berücksichtigt werden muss. Geflüchtete, schwarze Mädchen, können gleichzeitig, als Migrantin, Geflüchtete, Schwarze und Frauen diskriminiert werden. Ihre Handlungsmöglichkeiten unterscheiden sich damit zum Beispiel von geflüchteten, weißen Jungen. In der Jugendarbeit sollte daher ein besonderes Augenmerk auf das Wohlergehen von Neuzugewanderten gelegt werden, die Aufgrund weiterer Gruppenzugehörigkeiten (Hautfarbe, Fähigkeiten, sexuelle Orientierung usw.) Ausgrenzung erleben.

 

Strukturelle Diskriminierung

Unter struktureller Diskriminierung versteht man die Diskriminierung gesellschaftlicher Gruppen durch Strukturen der Gesellschaft. So sind in einer patriarchal strukturierten Gesellschaft Frauen strukturell diskriminiert. Dass es kaum Frauen in den Führungsetagen deutscher Unternehmen oder als Rektoren von Universitäten gibt, liegt eben auch an der Art, wie der Nachwuchs rekrutiert wird und welche sichtbaren und unsichtbaren Auswahlmechanismen in den Unternehmen und Bildungseinrichtungen installiert sind.

 

Institutionalisierte Diskriminierung

Institutionalisierte Diskriminierung ist die benachteiligende Ungleichbehandlung von Menschen oder Gruppen von Menschen durch Regeln und Routinen institutionellen Handelns, wodurch sie geringere Chancen beim Zugang zu oder bei der Inanspruchnahme von gesellschaftlichen Ressourcen haben (z.B. Bildung, Wohnraum, Dienstleistungen, Arbeit). Institutionalisierte Diskriminierung funktioniert auch ohne diskriminierende Absicht und wird immer auch von Individuen mitgetragen. Sie findet häufig in einem Netzwerk gesellschaftlicher Institutionen, beispielsweise im Bildungs- und Ausbildungssektor, dem Arbeitsmarkt, der Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik, dem Gesundheitswesen und der Polizei statt. Aber auch Erziehungs- und Bildungseinrichtungen sind Teil der gesellschaftlichen Verhältnisse. Gesellschaftliche Machtverhältnisse finden sich in den Strukturen von Kitas und Schulen, sie sind eingebaut in die Mechanismen ihres Funktionierens.

 

Oft werden institutionalisierte Diskriminierungen nicht wahrgenommen. Dass Gymnasien und Universitäten „Klassismus“ betreiben, gehört zu der Logik des Bildungssystems in dem sie agieren. Und das Bildungssystem ist wiederum Ausdruck von bestimmten Machtstrukturen innerhalb der Gesellschaft.

 

Dominanzverhältnisse oder Marginalisierungsprozesse, die als „normal“ und üblich gelten, können kaum als solche benannt oder skandalisiert werden. Die Ausgrenzung ist eingelassen in die gesellschaftlichen Strukturen, sie ist effektiv ohne direkte, persönliche rassistische Übergriffe oder Gewalttaten. Sie funktioniert „lautlos“ – aus der Sicht der dominierenden Gruppe. Weiße, heterosexuelle Männer, Mitte Dreißig, spüren wenig von diesen unsichtbaren Machtlinien, die wie „gläserne Decken“ in die Karriereleitern eingelassen sind. Aber fragen sie mal Frauen, Homosexuelle, People of Colour, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen über Fünfzig, welche Erlebnisse sie bei der Jobsuche machen.